Grußwort

Forschung ist die Grundlage für Fortschritt. Forschung im Bereich der Onkologie hat naturgemäß zum Ziel, die Diagnostik und Therapie von KrebspatientInnen zu verbessern. So haben sich auf Basis translationeller Forschungen im Sinne von „bench to bedside“ in den letzten Jahren einerseits die Überlebensraten im kurativen Setting von Krebserkrankungen verbessert, andererseits können in vielen Entitäten in der palliativen Situation signifikante Lebenszeitverlängerungen mit guter Lebensqualität erlangt werden. Mit globalen Forschungsinitiativen ist es gelungen, die Dramatik einiger  onkologischer Erkrankungen deutlich zu entschärfen und eine Verschiebung von einer akut tödlichen Krebserkrankung in eine chronische Erkrankung zu bewirken. Mit neuen Immuntherapie-Konzepten zur Aktivierung des körpereigenen Immunsystems wurden in einzelnen Entitäten auch die Heilungschancen deutlich erhöht.
Hinlänglich belegt ist die Tatsache, dass PatientInnen, die innerhalb klinischer Studien behandelt werden, aufgrund der besonderen Umsicht des Behandlungsteams noch ein Stück besser betreut sind als PatientInnen außerhalb klinischer Studien. Damit sind Patien­tInnen im Setting einer klinischen Studie das genaue Gegenteil von „Versuchskaninchen“, sie haben Vorteile. Schlussendlich bedeutet die Durchführung klinischer Studien für den Krankenhausbetreiber eine Kostenersparnis, da die finanziellen Mittel hierfür von Sponsoren – dies in der Regel Pharmafirmen – aufgebracht werden.
Comprehensive Cancer Center (CCC), die an universitäre Einheiten geknüpft sind, sind naturgemäß in besonderer Weise über Forschung unter Einbeziehung aller einschlägigen Disziplinen definiert. Ganz wesentlich sind darüber hinausgehend Lehr- und Ausbildungsinitiativen, um für junge KollegInnen einen frühen Bezug zu evidenzbasierter Therapie und zu onkologischen Forschungsprojekten herzustellen, um Interesse zu wecken, aber auch, um Karrierechancen an einem Zentrum aufzuzeigen. Weiters sind Kooperationen des CCC mit onkologischen Schwerpunktabteilungen des entsprechenden Einzugsgebietes für die flächendeckende Durchführung moderner evidenzbasierter Therapien essenziell, die Abstimmung in der Versorgung onkologischer PatientInnen mit regionalen und überregionalen Spitälern für einen einheitlich hohen Behandlungsstandard entscheidend. In Summe – und das zeigt die aktuelle Ausgabe des Krebsreports in eindrucksvoller Weise – etablieren sich innovative Strukturen an zunehmend mehr onkologischen Abteilungen in Österreich,

die untereinander vernetzt sind und mit großem Engagement daran arbeiten, Ergebnisse der Forschung zeitnah an die PatientInnen zu bringen. Herausragende Fortschritte in den letzten Jahren in der Behandlung verschiedener Tumorentitäten beschleunigen den erstrebenswerten Weg in Richtung Präzisionsonkologie mit dem Ziel, für individuelle PatientInnen mit individuellem Krankheitsgeschehen ein maßgeschneidertes Behandlungskonzept anbieten zu können. Niemals darf allerdings außer Acht gelassen werden, dass es das oberste Prinzip ärztlichen Tuns sein muss, PatientInnen mit ihrer Erkrankung zu betreuen und nicht die Erkrankung per se. Der individuelle Mensch mit seinen subjektiven Bedürfnissen, Hoffnungen, Ängsten und seinem vermeintlichen Wissensstand, aber auch mit seinem sozialen Umfeld, darf hierbei nicht zu kurz kommen.
Ergänzend sei daran erinnert, dass eine hohen Ansprüchen gerecht werdende Hämato-Onkologie selbstverständlich auch eine besonders qualitätsvolle Betreuung sicherstellt, wenn kein kuratives Ziel mehr verfolgt werden kann. Der Erhalt bestmöglicher Lebensqualität und nach Möglichkeit eine Lebenszeitverlängerung werden zu den prioritären Behandlungszielen. Ein fließender Betreuungsübergang in ein rein palliatives Setting, in welchem der Kampf gegen das Tumorgeschehen ein Ende gefunden hat und eine auf Evidenz basierende symptomatische Therapie zentraler Inhalt ist, ist ein wesentliches Kennzeichen einer sehr guten onkologischen Abteilung.
Abschließend darf nicht unerwähnt bleiben, dass all die angeführten erfreulichen Entwicklungen mit den teilweise enormen Fortschritten in der Diagnostik und Therapie von  onkologischen Erkrankungen in ihrer landesweiten flächendeckenden Umsetzung aufgrund des bestehenden Mangels an Pflegekräften nicht nur eingeschränkt, sondern zunehmend bedroht sind. Als Schutzpatron für alle uns anvertrauten einschlägigen PatientInnen sind wir aufgerufen, uns nicht nur öffentlich in Richtung politischer Verantwortungsträger zu Wort zu melden, sondern mittels möglichst konkreter Vorschläge und Maßnahmen einer allfälligen Verschlechterung der Situation entgegenzuwirken.

Univ.-Prof.
Dr. Hellmut Samonigg

Rektor der Medizinischen Universität Graz