Im 2. Krebsreport werden innovative Entwicklungen in der Onkologie aufgezeigt. Wo sind wir vor 20 Jahren gestanden, wo stehen wir heute bei Screening, Diagnose und Therapie? Der wichtigste Aspekt ist, dass Innovation bei den PatientInnen ankommt. Dafür braucht es Experten, die den Wert der Innovation einstufen und zu den PatientInnen bringen können, und ein Gesundheitssystem, das den finanziellen Rahmen dafür ermöglicht.
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hilbe, Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda
Krebs betrifft uns alle. Die Oesterreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO) und die Österreichischen Krebshilfe stellen im diesjährigen Österreichischen Krebsreport unter Beteilung vieler onkologischer Fachdisziplinen Fortschritte und Herausforderungen in der Versorgung von Menschen mit Krebs in den Mittelpunkt.
Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Armin Gerger, MBA
Die Erforschung molekularbiologischer Mechanismen von Tumorzellen und die Aufschlüsselung von Tumorgenen haben zu einem neuen Verständnis von Krebserkrankungen geführt und wurden zur Grundlage moderner Therapiestrategien als Teil eines umfassenden Betreuungskonzeptes. Dabei hat die Krebsforschung in Österreich eine lange Tradition.
Fortschritte in Wissenschaft und Medizin habendazu geführt, dass die Chancen für KrebspatientInnen heute entscheidend besser sind als noch vor 10 Jahren. Die Langzeitüberlebensraten haben sich bei den meisten Krebsarten deutlich verbessert. Mehr als die Hälfte der PatientInnen kann heute mit einer dauerhaften Heilung rechnen.
* B.N. = Bösartige Neubildung
Der Schwerpunkt des Beitrags gilt der Überlebenswahrscheinlichkeit nach einer Krebsdiagnose und stellt das „kumulierte 3-Jahres-Überleben“ im Zeitvergleich dar. Das relative 3-Jahres-Überleben hat in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen und liegt in der Diagnoseperiode 2014–2018 im Mittel bei rund 66%. Aufschlussreich ist die Beschreibung von Überlebensparametern, die Statistik Austria bei ihren Berechnungen berücksichtigt, und die Darstellung von Pitfalls bei der Interpretation der Daten. So ermöglicht der Beitrag einen Blick hinter die Kulissen der Krebsstatistik.
Im Europäischen Kodex gegen Krebs sind 12 Empfehlungen enthalten, mit denen 50% der krebsbedingten Todesfälle in Europa verhindert werden könnten. Während die Zahl der RaucherInnen sinkt, ist Fettleibigkeit zunehmend besorgniserregend. In Österreich wurden vom nationalen Screening-Komitee neue Empfehlungen für ein
Darmkrebsscreening erarbeitet. Ein wichtiger Punkt ist die Senkung des Screening-Alters von 50 auf 45 Jahre. Parallel dazu ist eine Neuregelung der HPV-Impfung erfolgt. Erfreulich ist die Ausdehnung des kostenlosen Angebots für Mädchen und Burschen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr.
Ohne Präzisionsdiagnostik keine Präzisionsmedizin, die Molekulare Pathologie ist heute weichenstellend für den Einsatz zielgerichteter Therapien. Roboterchirurgie wird mittlerweile an 19 Standorten in Österreich angeboten. Innovationen in der Nuklearmedizin spiegeln sich im Begriff „Theranostik“ wider, der Kombination aus Therapie und Diagnostik. Qualität kann gemessen werden: Die ESMO Magnitude of Clinical Benefit Scale (ESMO-MCBS) bewertet den klinischen Nutzen neuer Therapiekonzepte nach objektiven Kriterien. Dass sich Zeit- und Ressourcenaufwand für digitale Umstellungen lohnen, zeigt die Strukturierte Tumordokumentation am Beispiel des Onkologie-Informations-Systems Niederösterreich. Ein Training patientenzentrierter Gesprächsführung in der Onkologie führt zu mehr Selbstsicherheit im Umgang mit schwierigen Situationen. Bis zum Jahr 2024 ist nicht zuletzt eine jährlich steigende finanzielle Unterstützung für die Hospiz- und Palliativversorgung im Regierungsprogramm festgeschrieben.
Eine Web-of-Science-Recherche zeigt, dass der Publikatorische Output der Krebsforschung aus Österreich im Jahr 2021 sehr erfolgreich war. Universitäre Krebszentren, Comprehensive Cancer Centers (CCCs), bilden die Spitze der Versorgungspyramide, in Österreich das CCC Graz, CCC Innsbruck und
das CCC Wien. Rolle und Stellenwert von CCCs in der Versorgung von Menschen mit Krebs, die Sicherstellung des Zugangs zu modernsten Krebstherapien für Patienten einer Region, spiegelt sich anschaulich im Begriff Comprehensive Cancer Network (CCN).
Für das Berichtsjahr 2022 onkologisch spezialisierter Fachgesellschaften wurde gefragt, welche drei Innovationen im jeweiligen Fachbereich die wichtigsten sind, worin die größten Herausforderungen liegen und welche Maßnahmen/Initiativen im Sinne von Best-Practice-Modellen von den jeweiligen Fachgesellschaften gesetzt wurden.