Der Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung wird seit vielen Jahren von Institutionen, Organisationen und Betroffenen gefordert. Die dringende Notwendigkeit zeigen u.a. Zahlen und Daten von Hospiz Österreich. Trotz eines 6-Parteien-Beschlusses im Jahr 2014 ist bis Ende 2022 nicht mit deutlichen Verbesserungen zu rechnen.
Am 24.06.2014 hat der Hauptausschuss des Parlaments die Einsetzung der Parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ beschlossen. Die Enquete-Kommission setzte sich mit der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Verbots der Tötung auf Verlangen und des sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben auseinander. Auch die Themen Hospiz- und Palliativversorgung sowie die Patientenverfügung standen zur Debatte. Die Zivilgesellschaft war eingeladen, sich am Diskussionsprozess zu beteiligen und kurze Stellungnahmen abzugeben.
2015 einigten sich die sechs Parlamentsparteien auf ein Positionspapier, das insgesamt 51 Empfehlungen enthielt und im Wesentlichen auf zwei Punkte fokussierte: den nachhaltigen Ausbau und die Absicherung der Hospiz- und Palliativversorgung. Es wurde ausdrücklich festgehalten, dass Kompetenzfragen und Finanzierungsstrukturen kein Hindernis darstellen dürfen. Zum anderen wurde dazu aufgerufen, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht rechtlich weiterzuentwickeln und durch Senkung der Zugangshürden attraktiver zu gestalten. Offen blieb damals die Frage der Sterbehilfe, da es sich hierbei um eine rein rechtspolitische Entscheidung handelt. Mit seinem Erkenntnis vom 11.12.2020 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die bisherige Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid für verfassungswidrig erklärt.
Abb.: Erwachsene im 3-Jahres-Vergleich 2018–2020
Im Regierungsprogramm 2020–2024 „Aus Verantwortung für Österreich“ wurden im Hinblick auf den Hospiz- und Palliativbereich folgende Vorhaben festgeschrieben und an mehreren Stellen festgehalten, etwa in der Rubrik Pflege: Eine besondere Form der Pflege stellt die Palliativ- und Hospizpflege dar. Diese versucht, Menschen mit unheilbaren Krankheiten ein Lebensende in Würde zu ermöglichen. Diese Form der Pflege hat in Österreich oftmals durch das Engagement von vielen Freiwilligen funktioniert. Gerade in dieser schwierigen Zeit braucht es aber eine unkomplizierte und vor allem sichere Stütze für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen. In dieser Legislaturperiode wird die Finanzierung der Palliativpflege und des Hospizes auf sichere Beine gestellt (vgl. Regierungsprogramm 2020–2024).
Seit 01.01.2022 gilt das Sterbeverfügungsgesetz, welches die rechtlichen Voraussetzungen für den assistierten Suizid regelt. Diese Neuregelung wurde seitens der Bundesregierung mit einem massiven Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in der stationären und der mobilen Versorgung von schwerstkranken Menschen in ganz Österreich wie folgt angekündigt:
Ab dem Jahr 2022 werde der Bund den Ländern jährlich einen Zweckzuschuss im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung aus Budgetmitteln des Bundes zur Verfügung stellen. Vorgesehen ist eine Drittelfinanzierung durch Bund, Länder und Träger der Sozialversicherung:
2022 – 21 Mio. Euro
2023 – 36 Mio. Euro
2024 – 51 Mio. Euro
Ab 2025 soll der jährliche Zweckzuschuss aufgewertet werden. Damit würden die bisher vom Bund jährlich zur Verfügung stehenden 6 Mio. Euro vervielfacht. Unterstützt werden Bereiche der Hospiz- und Palliativversorgung, die nicht über die Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) abgedeckt sind. Die Beträge ergaben sich aus Kostenschätzungen einer aktuellen Studie der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) zur „Regelfinanzierung in der Hospiz- und Palliativversorgung für Erwachsene, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“, aus Bedarfsrichtwerten zu Qualitätskriterien und aus Berichten des Dachverbandes Hospiz Österreich. Ziel der finanziellen Unterstützungsangebote an die Länder ist, dass diese die Hospiz- und Palliativversorgung der betroffenen Personen – darunter sind sowohl die Hospiz- und PalliativpatientInnen als auch deren An- und Zugehörige zu verstehen – sicherstellen. Die Zweckzuschüsse sollen in bedarfsgerechte Angebote für Erwachsene und Kinder fließen: in mobile Palliativteams, mobile Kinder-Palliativteams, Hospizteams, Kinder-Hospizteams, Palliativkonsiliardienste, stationäre Hospize, stationäre Kinderhospize oder -Tageshospize. Unterstützungsleistungen müssen für Hospiz- und PalliativpatientInnen und deren An- und Zugehörige erreichbar, zugänglich und leistbar angeboten werden können. Selbstbestimmt leben mit Würde – das ist das Ziel. In Zusammenarbeit mit den Ländern und den Trägern der Sozialversicherung sollen bis Ende 2022 Qualitätskriterien und -indikatoren für die Umsetzung der Angebote erarbeitet werden. So sollen österreichweit gleiche Versorgungsstandards der modular abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung erreicht werden.
Am 10.03.2022 wurde im Bundesrat das Hospiz- und Palliativfondsgesetz (HosPalFG) beschlossen. Mit diesem Bundesgesetz sollen der österreichweite, bedarfsgerechte und flächendeckende Aus- und Aufbau sowie die Sicherung des laufenden Betriebes in der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung (die nicht unter die LKF fallen) für Erwachsene sowie für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter Erarbeitung und Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien und -indikatoren unterstützt werden. In diesem Bundesgesetz werden die Einrichtung eines Hospiz- und Palliativfonds sowie die Gewährung von Zweckzuschüssen an die Länder zur finanziellen Unterstützung der Hospiz- und Palliativversorgung ab dem Jahr 2022 geregelt.
Mit der Gewährung der Zweckzuschüsse aus dem Hospiz- und Palliativfonds werden die Länder bei der Umsetzung eines österreichweiten, bedarfsgerechten und nach einheitlichen Kriterien organisierten Hospiz- und Palliativversorgungsangebots unterstützt, damit insbesondere für PalliativpatientInnen und deren An- und Zugehörige ihren besonderen Bedürfnissen angepasste Unterstützungsleistungen erreichbar, zugänglich und leistbar angeboten werden können und die Grundversorgung ergänzt werden kann.
Die GÖG wurde u.a. gemäß HosPalFG mit Arbeiten zum Qualitätsmanagement, zur bundesweiten einheitlichen Planungsunterlage, mit der Erstellung und dem Führen der Datenbank sowie dem jährlichen Monitoring und der Evaluierung beauftragt.
Doris Kiefhaber
Quellen:
https://www.bmj.gv.at/themen/Fokusthemen/Dialogforum-Sterbehilfe.html
GÖG – Gesundheit Österreich GmbH
https://www.parlament.gv.at/PERK/NRBRBV/NR/PARLENQU/PEKWUERDE/index.shtml