Dickdarmkrebs-Screening – Empfehlung

Im österreichischen Regierungsprogramm 2020–2024 wird die „evidenzbasierte Modernisierung von Vorsorgeuntersuchungen (z.B. Darmkrebsvorsorge)“ gefordert (Regierungsprogramm 2020). Zur Unterstützung dieser Ziele wurde im Jänner 2021 ein nationales Screening-Komitee für Krebserkrankungen als Beratungsgremium des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eingerichtet. Das Komitee hat die Aufgabe, die evidenzbasierte Implementierung und Begleitung von Screeningprogrammen zu unterstützen. Die Mitglieder werden durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ernannt. Die FachexpertInnen decken die Bereiche Public Health, Epidemiologie, Onkologie, Pathologie, Gesundheitsökonomie, Recht, Ethik sowie nicht-ärztliche Berufsgruppen ab. Den Vorsitz haben Prof. Dr. Gerald Gartlehner und Prof.in Dr.in Eva Schernhammer inne. Die Mitarbeit im Gremium ist ­ehrenamtlich.

In Österreich gibt es seit 2005 für Menschen ab 50 Jahren – zusätzlich zur Möglichkeit eines Stuhlbluttests – im Rahmen der „Vorsorgeuntersuchung Neu“ die Möglichkeit, alle zehn Jahre eine Koloskopie in Anspruch zu nehmen. Im Burgenland wird ein im Rahmen des Projekts „Burgenland gegen Dickdarmkrebs“ organisiertes Stuhlbluttest-Screening angeboten und in Vorarlberg werden alle über 50-Jährigen zur Screening-Koloskopie eingeladen. Ein organisiertes, populationsbezogenes Screeningprogramm gibt es also – mit Ausnahme des Burgenlands und Vorarlbergs – in Österreich nicht.

Nach Bewertung der bis November 2021 vorhandenen Evidenz kam das Screening-Komitee für Krebserkrankungen Anfang April 2022 zu dem Schluss, dass ein qualitätsgesichertes Darmkrebs-Screeningprogramm einen substanziellen Nettonutzen für Personen zwischen 45 und 75 Jahren bringt (moderate Qualität der Evidenz). Die Bewertung bezieht sich auf Stuhlbluttests und Koloskopie. Immunchemische Stuhlbluttests erzielen einen besseren Nettonutzen als Guajak-basierte Stuhlbluttests.
Das Screening-Komitee empfiehlt ein qualitätsgesichertes Darmkrebs-Screeningprogramm mittels Koloskopie für Personen im Alter zwischen 45 und 75 Jahren (ab dem 65. Lebensjahr individualisiert) oder mittels immunchemischem Stuhlbluttest für Personen im Alter zwischen 45 und 75 Jahren (A-Empfehlung, moderate Evidenz). Beide Screeningstrategien werden als gleichwertig angesehen, den BürgerInnen soll eine informierte Entscheidung ermöglicht werden. Ein Wechsel zwischen den beiden Screeningstrategien soll möglich sein.
Bei unauffälligem Befund soll die Screening-Koloskopie alle zehn Jahre und der Stuhlbluttest alle zwei Jahre wiederholt werden. Bei Personen, die an der Screening-Koloskopie teilnehmen, erübrigt sich die Durchführung des Stuhlbluttests.
Bei bestehenden Vorerkrankungen, die mit einem höheren Risiko für Darmkrebs einhergehen (z.B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn), bzw. im Falle eines familiären Darmkrebssyndroms ist die Teilnahme am Screening zwar möglich, sie wird aber nicht empfohlen. Diese PatientInnen sollen in spezialisierten Zentren gemäß ihren Erkrankungen ihre Nachsorgeempfehlungen erhalten. Dies gilt auch für Personen, die bereits wegen Darmkrebs behandelt werden.
Die Implementierung und der laufende Betrieb sollen gemäß der Empfehlung des nationalen Screening-Komitees für Krebserkrankungen von einer strukturell verankerten Dokumentation, Qualitätssicherung und Programmevaluation begleitet werden (BMSGPK 2022).
 

Gerald Gartlehner

Literatur: - BMSGPK (Hrsg.): Evidenzgrundlagen und Empfehlungen zur Einführung eines organisierten Darmkrebs-Screening-Programms in Österreich, 2022 - Regierungsprogramm (2020): Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020–2024