Flächenversorgungsmodell und Qualitätssicherung in der Onkologie am Beispiel des Tumorzentrums Oberösterreich

Medizinische Qualitätssicherung und Benchmark in der Onkologie werden von Gesundheitspolitik und onkologisch tätigen ÄrztInnen seit langem gefordert, sind aber in Österreich nur wenig entwickelt. Nicht nur fehlende Anreize bzw. Finanzierung sind Themen, sondern auch die fehlende strukturierte Erfassung der oftmals komplexen Krankheitsverläufe (z.B. mehrjährige Krankheitsverläufe, Aufenthalte in unterschiedlichen Spitälern). Qualitätssicherung in der Onkologie erfordert daher ein (zumindest) regionales Konzept, in welchem es zu einem/r Patient/in jeweils nur einen digitalen onkologischen Patientenakt gibt. Dieser digitale Patientenakt befindet sich jeweils am Ort (Spital) der aktuellen Behandlung. In Oberösterreich wurde diese Anforderung im Regionalen Strukturplan Gesundheit 2025 (RSG 2025 OÖ) für alle Spitäler des Bundeslandes erstmals vorgeschrieben.
Grundlage ist die Datenerfassung der PatientInnen im Klinischen Krebsregister des Tumorzentrums Oberösterreich (www.tumorzentrum.at). Das Zentrum ist ein spitalsträgerübergreifendes Expertennetzwerk und gleichzeitig ein abgestuftes Flächenversorgungsmodell gemäß dem Versorgungsmodell des Österreichischen Strukturplans Gesundheit (ÖSG). Die derzeit elf beteiligten Krankenhausstandorte versorgen etwa 80 % der KrebspatientInnen in OÖ. Alleine 2020 wurden in den Spitälern des Tumorzentrums 6.198 PatientInnen mit einer neu diagnostizierten Krebserkrankung behandelt und die Daten zu Tumorcharakteristika, Behandlung und Therapieansprechen im Klinischen Krebsregister erfasst. Insgesamt wurden 1.415 Tumorboardbesprechungen durchgeführt, in denen von den ExpertInnen des Netzwerkes Behandlungsempfehlungen zu insgesamt 14.016 Erkrankungsfällen ausgesprochen wurden.

Behandlung unabhängig vom Wohnort

Im Tumorzentrum OÖ wird jedem/r Patient/in unabhängig vom Wohnort oder behandelnden Spital eine optimale onkologische Behandlung inklusive Zugang zu klinischen Studien ermöglicht. Grundlage der Behandlungsempfehlung im Tumorboard sind über 40 Konsensus-basierte Leitlinien zu den häufigsten Tumorerkrankungen, die von den ExpertInnen der Spitäler gemeinsam erarbeitet und mindestens einmal jährlich aktualisiert und veröffentlicht werden. Wenn eine in der Leitlinie definierte Leistung in einem Spital nicht angeboten werden kann, erfolgt die Behandlung in einem Spital des Netzwerkes, welches diese Leistung gemäß der höheren Versorgungsstufe anbietet.
Um einen Rückschluss auf die Qualität der durchgeführten Behandlungen zu ermöglichen, werden im Klinischen Krebsregister des Tumorzentrums u.a. medizinische Kennzahlen analysiert, die in den Vorgaben internationaler Zertifizierungsgesellschaften (OnkoZert, Doc-Cert, EUSOMA) enthalten sind. Dieser Weg der Qualitätssicherung bringt einen Vergleich innerhalb der beteiligten Krankenhäuser, aber auch mit internationalen Zentren. Die Daten aus dem Klinischen Krebsregister werden aber auch für wissenschaftliche Projekte, u.a. Erhebung von Real World Data, verwendet. Die Datenqualität im Klinischen Krebsregister ist entscheidend für die Validität jeglicher Analysen. Zur Sicherstellung der Datenqualität wurden an jedem Spital speziell geschulte DokumentarInnen angestellt, die in Abstimmung mit den ÄrztInnen für die korrekte und vollständige Datenerfassung verantwortlich sind.

Ansgar Weltermann

Fact-Box

Die Erfahrung in OÖ zeigt, dass es bei gemeinsamer Anstrengung von FachexpertInnen, Spitalsträgern und Politik möglich ist, in der Onkologie ein qualitätsgesichertes, kooperatives Flächen­versorgungsmodell auf Ebene eines Bundeslandes zu etablieren. Das Modell des Tumorzentrums Oberösterreich ist geeignet, auch in anderen Bundesländern etabliert zu werden.