Palliative Versorgung

Die palliative Versorgung in Österreich wird von ca. 350 Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Erwachsene geleistet, die je nach Bedarf mobile und stationäre Betreuung anbieten. Palliative Care steht für eine ganzheitliche Betreuung schwerkranker, sterbender Menschen – charakteristischerweise unter Einbeziehung ihrer An- und Zugehörigen. Ganzheitliche Betreuung basiert auf der Zusammenarbeit verschiedener in Hospiz und Palliative Care tätiger Berufs-gruppen (Palliativpflege, Palliativmedizin, Sozialarbeit, Psychologie, Psychotherapie, Physio-, Logo- und Ergotherapie, Seelsorge, …) sowie der ehrenamtlich engagierten Hospizbegleitung. Das Ziel der palliativen Versorgung ist die größtmögliche Wahrung der Lebensqualität schwerkranker PatientInnen bis zuletzt. Zudem soll ein möglichst hohes Maß an „Lebenszufriedenheit“ für die PatientInnen erreicht werden. Gewährleistet wird dies mit professioneller medikamentöser, pflegerischer und psychosozialer Behandlung körperlicher Beschwerden, insbesondere von Schmerzen, sowie mit qualifizierter Hilfestellung bei der Bewältigung psychischer, sozialer und spiritueller Probleme.

Die Begleitung und Betreuung schwerkranker, unheilbarer PatientInnen erfolgt in abgestufter Weise*:
In der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung entweder zu Hause durch mobile Palliativteams und Hospizteams oder in stationären oder Tageshospizen und auf Palliativstationen. Daneben wird in Alten- und Pflegeheimen eine im Sinne der hospizlichen Haltung verbesserte Grundversorgung angeboten. In der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung steht u.a. ein Palliativkonsiliardienst dem Personal im Krankenhaus bei der Behandlung von PalliativpatientInnen zur Seite, schlägt Maßnahmen vor bzw. überprüft, ob eine Übernahme auf eine Palliativstation sinnvoll und notwendig ist. Ehrenamtliche HospizbegleiterInnen gehen dorthin, wo die Menschen sind, die sie begleiten, sei es zu Hause, in Kran-kenhäusern oder in Hospizen. Mobile Palliativteams betreuen vor allem zu Hause und im Pflegeheim.
Das Durchschnittsalter der Hospiz- und PalliativpatientInnen liegt zwischen 69 und 75 Jahren. Der Anteil der onkologischen PalliativpatientInnen liegt zwischen 72 % (mobile Palliativteams) und 88 % (stationäre Hospize).1
Auf die Möglichkeit der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen, die in ähnlich abgestufter Weise wie bei Erwachsenen organisiert ist, kann im Rahmen dieses Krebsreports nur hingewiesen werden.

Mobile Betreuung

Mobiles Palliativteam: Ein mobiles Palliativteam besteht aus ÄrztInnen, Pflegepersonen, SozialarbeiterInnen und As-sistentInnen und bietet Unterstützung bei Fragen zur Schmerztherapie, Symptombehandlung (z.B. Übelkeit, Atemnot, Appetitlosigkeit) sowie bei Fragen zur Pflege und psychosozialen Betreuung. Mobile Palliativteams arbeiten mit den stationären Palliativeinrichtungen, den ehrenamtlichen Hospizteams sowie den niedergelassenen ÄrztInnen, den Hauskrankenpflegeorganisationen und der Krebshilfe zusammen. Ziel ist eine 24/7-Verfügbarkeit, die derzeit in Österreich leider noch nicht durchgängig angeboten werden kann. Aber gegebenenfalls kann eine 24-Stunden-Erreichbarkeit erfolgen.

Stationäre Betreuung

Stationäres Hospiz: Im stationären Hospiz werden PalliativpatientInnen betreut, wenn eine Versorgung zu Hause oder im Pflegeheim nicht möglich, eine Behandlung auf einer Palliativstation jedoch nicht nötig ist. Hauptaufgaben im stationären Hospiz liegen in der Überwachung von Schmerztherapie und Symptomkontrolle sowie in der pflegerischen, psychosozialen und spirituellen Begleitung und Betreuung (24-Stunden-Betreuung) bis zum Tod.

Palliativstationen: Palliativstationen sind Abteilungen in Spitälern, die auf die Betreuung von PalliativpatientInnen in komplexen Situationen spezialisiert sind. Für die umfassende Behandlung körperlicher, seelischer und spiritueller Nöte stehen ausgebildete BetreuerInnen verschiedener Berufsgruppen zur Verfügung. Voraussetzung für die Aufnahme ist das Einverständnis der PatientInnen.

Tageshospiz: In einer Tageshospiz- Einrichtung werden Menschen mit schweren, unheilbaren Erkrankungen, die noch zu Hause leben können, von qualifizierten ÄrtzInnen/HausärztInnen oder durch ein mobiles Palliativteam tageweise betreut. Die pflegerische, medizinische und psychosoziale Betreuung der PatientInnen erfolgt jeweils tagsüber und soll nicht zuletzt auch An- und Zugehörige entlasten.

Anzahl Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Erwachsene in Österreich (2019)

Behandlungen auf Palliativstationen

In den letzten Jahren fanden im Durchschnitt ca. 4.700 Aufenthalte pro Jahr auf Palliativstationen statt. Im Jahr 2020 verringerte sich diese Anzahl auf knapp über 4.300 Aufenthalte, vermutlich bedingt durch die COVID-19-Pandemie. Der Anteil der Aufenthalte mit der Hauptdiagnose Krebs betrug ca. 78 %, davon verstarben in den Jahren 2016 bis 2019 durchschnittlich ca. 44 % der PatientInnen im Rahmen des stationären Aufenthalts, im Jahr 2020 waren es 49 %.

Kurse für Hospizbegleitung, Ausbildung zu Palliative Care

Ehrenamtliche HospizbegleiterInnen sind LebensbegleiterInnen im Alltag sowie GesprächspartnerInnen und bieten auch spirituelle Begleitung an. Sie werden durch eigene Befähigungskurse nach einem vom Dachverband Hospiz Ös-terreich entwickelten Curriculum auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Regelmäßig finden Fortbildungen und Supervision statt. HospizbegleiterInnen gehören in Hospiz- und Palliativeinrichtungen zum Betreuungsteam. Die Begleitung erfolgt auf ehrenamtlicher Basis und ist kostenlos.
Seit dem Jahr 2006 wird in Kooperation zwischen der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU), dem Dach-verband Hospiz Österreich und St. Virgil Salzburg auch der Universitätslehrgang Palliative Care angeboten. In einem Stufensystem können interprofessionelle Palliativ-Basislehrgänge, fachspezifische Vertiefungslehrgänge und interprofessionelle Aufbaulehrgänge mit abschließendem Master of Science (MSc) in Palliative Care absolviert werden.

Würde am Ende des Lebens

2015 wurden von der parlamentarischen Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ Forderungen und Ziele definiert und verabschiedet. Zum einen sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, die Hospiz- und Palliativversorgung nachhaltig finanziell abzusichern und auszubauen, zum anderen riefen sie dazu auf, die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht und den VSD Vorsorgedialog® rechtlich weiterzuentwickeln und durch Senkung der Zugangshürden attraktiver zu gestalten.

Sterbeverfügungsgesetz ab 1.1.2022

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Ende 2021 das Verbot des assistierten Suizids in Österreich aufgehoben. Dadurch ist ein „Sterbeverfügungsgesetz“, das mit 1.1.2022 in Kraft trat, notwendig geworden.
Das Gesetz ist der Patientenverfügung nachempfunden und die Sterbeverfügung kann von Personen errichtet werden, die an einer unheilbaren, tödlichen Krankheit leiden, aber auch von solchen, die an einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen leiden, deren Folgen die betroffene Person in ihrer gesamten Lebensführung dauerhaft beeinträchtigen. Der/die Sterbewillige muss entscheidungsfähig, volljährig und österreichische StaatsbürgerIn sein bzw. seinen/ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben (Vermeidung von „Suizid-Tourismus“). Zunächst braucht es eine Aufklärung durch zwei ÄrztInnen, eine/r muss eine Palliativausbildung haben. Sie sollen nicht nur über Alternativen zum Suizid reden, sondern auch die Krankheit und die Entscheidungsfähigkeit bestätigen. Sollten an letzterer Zweifel bestehen, wird ein/e PsychiaterIn oder PsychologIn beigezogen. Dann folgt eine Art „Cooling off“-Phase von zwölf Wochen bzw. von zwei Wochen, wenn die Person nicht mehr lange zu leben hat. Danach wird beim Notar oder bei der Patientenanwaltschaft die Sterbeverfügung, also das Dokument, errichtet. Das geht nur höchstpersönlich (keine Vertretung). Die Verfügung wird in ein elektronisches Register eingetragen. Damit kann man sich dann das letale Präparat (z.B. Natrium-Pentobarbital) aus der Apotheke holen oder holen lassen. In letzterem Fall muss die Person, die es holt, in der Verfügung genannt sein. Die Apotheken haben Einblick ins Register. Damit nicht die Grenze zur Tötung auf Verlangen überschritten wird, muss der Sterbewillige das Präparat selbst einnehmen, was auch über eine Sonde möglich ist. Im Sterbeverfügungsgesetz verankert sind als begleitende Maßnahmen die längst fällige Investition in den Ausbau von Palliativ- und Hospizbetreuung (von derzeit 6 Mio. Euro jährlich auf 21 Mio. Euro im Jahr 2022, 36 Mio. Euro 2023 und 51 Mio. Euro 2024).

Krebshilfe-Beratungsstellen

In den Krebshilfe-Beratungsstellen wird medizinische, psychoonkologische, ernährungstherapeutische und sozialrechtliche Hilfestellung rasch und unkompliziert als „Hilfe unter einem Dach“ kostenlos angeboten.

Broschüre „Palliativversorgung“

Eine Übersicht über Unterstützungsangebote in allen Bundesländern mit Kontaktadressen bietet die Broschüre der Österreichischen Krebshilfe:
Zu den Broschüren

Doris Kiefhaber, Gudrun Kreye,
Sonja Thalinger, Gerhard Kahlhammer

* Österreichischer Strukturplan Gesundheit 2017, Kapitel 3.2.4.4 Unheilbar kranke und sterbende Menschen (PAL/HOS-E, PAL/HOS-KJ)
1 Dachverband Hospiz Österreich, Datenbericht 2019